Als Folge des VW-Abgasskandals laufen noch heute Tausende Klageverfahren gegen die VW AG. Wir hatten an anderer Stelle bereits einmal darauf hingewiesen, dass erstmalig zum 31.12.2018 die Verjährung der Ansprüche drohte.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe und der Veröffentlichung der sog. Ad-Hoc-Mitteilung der VW AG zu den Unregelmäßigkeiten im Konzern, kam es darauf an, ob die Käufer damit auch schon Kenntnis der sogenannten „anspruchsbegründenden Tatsachen“ hatten oder hätten haben müssen. Mit anderen Worten: Fraglich war, ob die Käufer schon 2015 hätten erkennen können, dass sie Ansprüche gegenüber dem Wolfsburger Autobauer geltend machen können. Dies war durchaus umstritten und viele Gericht – darunter das OLG Oldenburg – positionierten sich käuferfreundlich und sahen solch eine Erkenntnismöglichkeit erst im Jahr 2016 durch die fortlaufende Berichterstattung. Insbesondere wegen der Frage, ob die Käufer alle anspruchsbegründenden Tatsachen im Hinblick auf eine vorsätzlich unerlaubte Handlung haben konnten – also auch von Vorsatz der Repräsentanten der VW AG und von der Sittenwidrigkeit ist doch sehr fragwürdig.
Die VW AG hatte bei unterschiedslos allen Verfahren die nach 2018 begannen die Einrede der Verjährung erhoben und geltend gemacht, angesichts der breiten medialen Berichterstattung seien alle Tatsachen bereits 2015 bekannt gewesen.
Nun hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals in mündlicher Verhandlung zur Frage der Verjährung geäußert. Die Hinweise der Richter im Verfahren VI ZR - 739/20 sind nun wohl leider so zu verstehen, dass auch der BGH – zumindest in diesem Fall – von einer Verjährung generell zum 31.12.2018 ausgehen will. Ein Urteil, das endgültige Gewissheit bringt, wollten sie "kurzfristig" verkünden.
Ob der Fall allerdings zu verallgemeinern ist, bleibt noch abzuwarten. Viele Käufer hatten erst im Februar 2016 oder sogar noch später erfahren, dass ihre Fahrzeuge betroffen sind, durch die dann eingegangenen Schreiben der VW AG, die vom Kraftfahrtbundesamt zum verpflichtenden Rückruf „verdonnert“ war. Im nun zu entscheidenden Verfahren war es wohl unstreitig, dass der Käufer schon 2015 definitiv wusste, dass sein Fahrzeug von der Manipulation betroffen ist. Das dürfte auf eine große Zahl von Käufern nicht zutreffen.
Nachtrag:
Der BGH hat am 17.12.2020 sein Urteil verkündet und die Klage als verjährt abgewiesen. Allerdings hat der BGH gleichfalls festgehalten, dass es gerade diesem Kläger möglich gewesen wäre, früher eine Klage zu erheben als 2019, da er schon 2015 definitiv nicht nur wusste, dass es bei VW den Abgasskandal gab, sondern auch dass sein eigenes Fahrzeug betroffen ist. Laut BGH wusste er, dass eine Software auf das Emissionsverhalten einwirkt und die Werte auf dem Prüfstand verfälscht. Daraus hätte der Kläger schließen müssen, dass eine solche Einrichtung nur mit Wissen eines Vorstandsmitglieds installiert worden sein konnte, so dass sich ihm der Tatbestand einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung hätte aufdrängen müssen.
Daraus ist aber zu schließen, dass der BGH die Verjährung bei den Klägern anders sehen werde, die 2015 noch keine positive Kenntnis von der Betroffenheit ihres individuellen Fahrzeugs hatten, sondern erstmals durch die von der VW AG im Februar 2016 versendeten Schreiben darauf aufmerksam gemacht wurden. Für diese Käufer - es dürfte sich um die Mehrzahl handeln - muss damit keineswegs von einer Verjährung schon 2018, sondern wohl erst 2019 ausgegangen werden.
In unserer Kanzlei bearbeiten die Mandate im Bereich Abgasskandal die Kollegen Andreas Genze und Sebastian Schlüter in Oldenburg und Kathrin Schmidt in Hude.
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