Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 26.06.2023 mit drei verschiedenen Urteilen die bisher ergangene Rechtsprechung fortentwickelt und insbesondere geklärt, wie es nach dem Urteil des EuGH (Europäischer Gerichtshof) in der deutschen Diesel-Rechtsprechung weitergehen soll.
Der BGH hat alle drei zur Entscheidung anstehenden Urteile aufgehoben und an die Oberlandesgerichte zur weiteren Aufklärung und Entscheidung zurückverwiesen.
Dabei hat der BGH teils Feinheiten geregelt, so dass die bestehende EG-Typgenehmigung der Schadenersatzforderung nicht entgegengehalten werden kann mit dem Argument, es bestünde wegen der Weitergeltung kein Schaden (Az. VIa ZR 335/21) und zum anderen bestätigte er die bisherige Rechtsprechung, wonach Käufern kein Schadenersatz mehr zusteht, die nach Bekanntwerden der unerlaubten Abschalteinrichtungen und dem offiziellen Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt (KBA) noch betroffene Fahrzeug gekauft haben (Az. VIa ZR 533/21).
Das mit Spannung erwartete Urteil betraf aber die Einschätzung des BGH, wie die europarechtliche Entscheidung das deutsche Schadenersatzrecht beeinflussen würde, was ebenfall im Verfahren VIa ZR 335/21 ausführlich behandlet wurde. Dabei stellte der BGH für die Haftung der Hersteller folgende Regeln auf:
Kann der Käufer dem Hersteller nachweisen, dass er vorsätzlich und sittenwidrig den Käufer über das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung getäuscht hat, kann der Käufer weiterhin nach §§ 826, 31 BGB den sog. "großen Schadenersatz" fordern, also den Kaufvertrag "ungeschehen machen" indem er die Erstattung des Kaufpreises verlangt und sich nur die gefahrenen Kilometer anrechnen lässt, dafür aber das Auto zurückgibt.
Gelang das dem Käufer in der Vergangenheit nicht, hatte er keine anderen Ansprüche gegen den Hersteller. Das ändert sich nun:
Der Käufer hat bei Vorhandensein einer unerlaubten Abschalteinrichtung, deren Vorhandensein der Käufer beweisen muss, dies aber zumindest bei den Rückrufen des KBA problemlos auch kann, einen Anspruch auf den sog. "kleinen Schadenersatz". Er kann nicht die Rücknahme des Fahrzeugs gegen Erstattung des Kaufpreises verlangen, aber Schadenersatz für den Minderwert, den ein manipuliertes Fahrzeug aufweist. Der BGH hat den Instanzgerichten weiter "mit auf den Weg gegeben", dass die Schadenhöhe nicht durch Sachverständigengutachten zu ermitteln oder zu widerlegen sei, sondern vom zuständigen Richter innerhalb einer Spanne von 5 - 15 % geschätzt werden solle.
Der Hersteller könne sich gegen den Anspruch verteidigen, wenn er darlegen könne, dass er weder vorsätzlich noch fahrlässig erkannt habe, dass sein Fahrzeug gesetzeswidrig sei. Dafür trägt er auch die Beweislast. Gelingt ihm dieser Beweis, bekommt der Käufer keinen Schadenersatz. Dieser Beweis dürfte dem Hersteller aber kaum je gelingen können.
Fazit der Entscheidung dürfte sein, dass alle Käufer, die in nicht verjährter Frist erst Kenntnis von dem Vorhandensein einer unerlaubten Abschalteinrichtung erfahren haben, dem Hersteller die vorsätzlich sittenwidrige Schädigung nicht mehr beweisen müssen, wenn sie sich mit einer pauschalen Zahlung zwischen 5 - 15 % des gezahlten Kaufpreises zufrieden geben will.
Praktische Bedeutung dürfte dies vor allem für alljene haben, die derzeit noch anhängige Klageverfahren haben, aber möglicherweise bisher nicht vermocht haben, dem Hersteller eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung nachzuweisen.
Bei uns im Haus betreut Herr Rechtsanwalt Schlüter die Dieselmandate.
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