Im Juli 2020 hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt den Sitz von Fiat Chrysler Automobiles (FCA) Deutschland in Frankfurt durchsucht. Gleichzeitig waren auch die Schwesterfirma Iveco in Ulm sowie weitere Objekte in Italien und der Schweiz betroffen. Anlass für die Ermittlungen war der Verdacht des gewerbsmäßigen Betrugs durch Fiat Chrysler Automobiles FCA und Iveco Magirus. Der Vorwurf lautet wieder einmal: unzulässige Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen.
Besonders im Fokus stehen die Motoren 2.0 L Multijet, 2.3 L Multijet und der 3.0 L Dieselmotor, der Schadstoffklasse EU5 und EU6, da diese häufig in Wohnmobilen verbaut sind, die auf Basis des Fiat Ducato hergestellt wurden. Die Baujahre sind 2014 – 2019. Die Modelle nach WLTP-Zyklus, also mit der Schadstoffnorm EU6d temp sollen nicht betroffen sein.
Sollten die Ermittler fündig werden und eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen aufspüren, eröffnet sich auch für die Käufer entsprechender Fahrzeuge die Möglichkeit, Schadenersatz zu verlangen, wohl auch in Form der Rückabwicklung des Kaufvertrages bzw. der Rücknahme des Fahrzeugs durch den Hersteller. Dabei muss nicht in Italien am Sitz von FCA geklagt werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat schon bestätigt, dass eine Klage in Deutschland nach deutschem Recht dann möglich ist, wenn das Fahrzeug in Deutschland gekauft worden ist (EuGH, Urteil vom 09.07.2020 – C-343/19).
Soweit ist es aber noch nicht. Belastbare Informationen über die angeblichen Manipulationen sind derzeit noch Mangelware – es gibt noch nichts Definitives. Fast zwangsläufig ging das erste Klageverfahren vor einem deutschen Gericht auch für den Käufer verloren. Das Landgericht Freiburg im Breisgau hat eine entsprechende Klage abgewiesen (LG Freiburg, Urteil vom 26.02.2021 – 14 O 333/20). Der Kläger habe nicht substantiiert darlegen können, dass ihm gegen den Fahrzeughersteller ein Schadensersatzanspruch zusteht. Der Vortrag des Klägers, wonach die im Motor des Klägerfahrzeugs verbaute Abschalteinrichtung einen Mangel im Sinne des Hauptuntersuchungsrechts darstellen würden und die Erteilung der TÜV-Plakette versagt werden könne, sei unsubstantiiert und unschlüssig. Der Kläger konnte eben nur „ins Blaue hinein“ eine Behauptung aufstellen, ohne irgendeinen Beleg oder Hinweis vorlegen zu können.
Einen „Unfall“ stellt das einzig erfolgreiche Klageverfahren aus Käufersicht dar. Das Landgericht Koblenz hatte FCA verurteilt, weil sich der Hersteller nicht rechtzeitig auf die Klage hin gemeldet hatte – ein sogenanntes Versäumnisurteil (LG Koblenz, Urteil vom 01.03.2021 - 12 O 316/20). Dieses ist nicht rechtskräftig geworden – FCA hat Einspruch eingelegt.
Derzeit ist den Käufern noch ein „Abwarten“ anzuraten. Den Fahrzeugen droht momentan keine Stilllegung. Sollte sich eine unerlaubte Abschalteinrichtung finden, wird wohl auch FCA die Gelegenheit erhalten, zunächst durch eine Änderung der Software (Update) gesetzesmäßige Zustände herzustellen. Lediglich den Käufern könnte dereinst eine Stilllegung drohen, wenn sie das Update nicht machen lassen.
Ein Zeitdruck kann nur für denjenigen bestehen, der das Fahrzeug erst vor ein bis zwei Jahren gekauft hat und daher möglicherweise noch Gewährleistungsrechte geltend machen kann. Hier sollte zumindest mit dem Verkäufer Kontakt aufgenommen werden um einen zu frühen Eintritt der Verjährung zu vermeiden. Denn die vertraglichen Ansprüche wegen eines Mangels können noch wertvoll werden: anders als bei Schadenersatzansprüchen kommt es bei den Gewährleistungsrechten nicht darauf an, ob dem Hersteller bzw. seinen Repräsentanten ein Vorsatz und sittenwidriges Handeln nachzuweisen ist.
Die Ansprüche gegen den Hersteller werden nicht so bald verjähren. Frühest mögliches Datum hierfür dürfte der 31.12.2023 sein, wenn man davon ausgeht, durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien die Manipulationsvorwürfe einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Hier kann allerdings – da ja FCA die Vorwürfe bestreitet – eher von dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Ermittlungsergebnisses ausgegangen werden – und dieser liegt erst noch in der Zukunft.
Daher ist derzeit nur bei recht neuen Fahrzeugen Handlungsbedarf gegeben. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie hier unsicher sind oder sich beraten lassen möchten.
Zuständige Ansprechpartner sind die Kollegen Rechtsanwältin Schmidt in Hude und Rechtsanwalt Schlüter in Oldenburg.
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