Versicherungsschutz bei Betriebsschließungen infolge der „Corona-Krise“

 

Wenn Betriebe infolge der Corona-Krise aufgrund behördlicher Anordnungen, etwa einer Allgemeinverfügung des zuständigen Landkreises, ihren Betrieb einstellen müssen, stellt sich die Frage, ob im Rahmen bestehender betrieblicher Versicherungen ein Versicherer die daraus entstandenen Schäden und Ertragsausfälle ersetzen muss. Dieser Teilbereich der gewerblichen Versicherungen ist für einen Laien nur schwer zu durchschauen, weshalb im Zweifel fachkundiger Rat eines Rechtsanwalts eingeholt werden sollte.

Ob eine Betriebsschließung wegen der Corona-Krise versichert ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Vielmehr kommt es im Einzelfall darauf an, welche Versicherungen bestehen und was nach dem jeweils gültigen Versicherungsschein und den dazugehörigen Versicherungsbedingungen konkret versichert ist. Die Versicherungsbedingungen können dabei je nach Gesellschaft sehr unterschiedlich sein. Ein genauer Blick in das "Kleingedruckte" der Vertragsbedingungen ist daher unumgänglich. Grundsätzlich gilt Folgendes: Im Rahmen bestehender Sachversicherungen (zum Beispiel Feuerversicherung) kann zusätzlich ein etwaiger Schaden aus einer Betriebsunterbrechung und/oder wegen eines Ertragsausfalls versichert sein. Man spricht dann von einer Betriebsunterbrechungsversicherung und/oder einer Ertragsausfallversicherung. Im Rahmen der Sachversicherungen knüpfen diese Versicherungen allerdings an einen Sachschaden an, der infolge eines versicherten Risikos (zum Beispiel Feuer) entstanden ist. Diese Anknüpfung an die im Rahmen der jeweiligen Sachversicherung bestehenden versicherten Gefahren bedeutet in der Regel, dass infolge von Krankheiten oder Seuchen entstandene Schäden oder Ertragsausfälle nicht mitversichert sind, weil Krankheiten oder Seuchen im Rahmen der Sachversicherung kein versichertes Risiko sind. Dessen ungeachtet sind stets die konkreten Versicherungsbedingungen in den Blick zu nehmen. So gibt es am Versicherungsmarkt etwa Zusatzbedingungen für die Ertragsausfallversicherung einer bestimmten versicherten Person infolge Krankheit oder Unfall. Im Rahmen dieser Zusatzversicherungen kann im Einzelfall Versicherungsschutz bestehen.

Speziell für das Risiko einer Betriebsschließung werden am Versicherungsmarkt sogenannte Betriebsschließungsversicherungen angeboten. Ob ein entsprechender Versicherungsschutz besteht, hängt von dem jeweils konkret geschlossenen Versicherungsvertrag bzw. dem "Versicherungspaket" ab, das den Betrieb versichert. Die Betriebsschließungsversicherung greift ein, wenn der versicherte Betrieb durch behördliche Anordnungen aufgrund nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtiger Krankheiten oder meldepflichtiger Krankheitserreger geschlossen wird. Dieser Schließung steht es in der Regel gleich, wenn für alle Betriebsangehörigen Tätigkeitsverbote erlassen werden. Problematisch ist, das in den Versicherungsbedingungen im Allgemeinen die den Versicherungsschutz auslösenden Krankheiten oder Krankheitserreger namentlich benannt sind. Neue Krankheitserreger, wie SARS-Covid-2, sind in dem Katalog der Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen dementsprechend nicht gelistet. Folglich wäre eine angeordnete Betriebsschließung aufgrund eines solchen Erregers nicht versichert.

Nach der Erfahrung unserer Kanzlei sind einige große Versicherer im Rahmen der Corona-Krise dazu übergegangen, bei einer bestehenden Betriebsschließungsversicherung und einer behördlich angeordneten Betriebsschließung jedenfalls kulanzweise Versicherungsleistungen – mit einem Abschlag – zu erbringen. Es lohnt sich daher, die bestehenden Versicherungen sorgfältig zu prüfen, auch wenn der Krankheitserreger, der die Corona-Krise ausgelöst hat, nicht im Katalog der Krankheitserreger, den die Versicherungsbedingungen enthalten, erscheint. Zudem ist rechtlich zweifelhaft, ob sich ein Versicherer auf Leistungsfreiheit berufen kann, nur weil ein Krankheitserreger (noch) nicht in den gesetzlichen Katalog der meldepflichtigen Erreger nach dem Infektionsschutzgesetz aufgenommen wurde, obwohl er die gleichen infektionsschutzrechtlichen Rechtsfolgen auslöst wie ein ausdrücklich in dem gesetzlichen Katalog aufgeführter Krankheitserreger. Diese Frage dürfte die Gerichte in Zukunft beschäftigen.

Dr. Marcus Rolfes, LL.M., Fachanwalt für Versicherungsrecht

 

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