„Feindliches Grün“ – Haftung des Staates bei Unfällen infolge fehlerhafter Ampelschaltung

Sinn und Zweck einer Ampel ist die sichere Verkehrsführung. In seltenen Fällen kann es jedoch zu Fehlschaltungen an der Ampelanlage kommen, so dass das Freifahrtsignal fehlerhaft ist. Juristen sprechen dann vom sog. „feindlichen Grün“.

Erst kürzlich hatte das OLG Karlsruhe einen solchen Fall zu entscheiden. 

In der dortigen Fallkonstellation kam es auf einer Kreuzung in E. zu einem Verkehrsunfall, an welchem sowohl die Kl. als auch die Zeugin K. mit ihren Fahrzeugen beteiligt waren. In dem Bereich der Kreuzung befindet sich eine Ampelanlage. Die Verkehrsregelung durch Lichtzeichen der Ampeln wird normalerweise abends um 22:00 Uhr ausgeschaltet. Nach dem Ausschalten sind die Ampeln auf der – dann bevorrechtigten – K.-Str. dunkel, während die Ampeln auf der untergeordneten F.-Str. dann normalerweise auf gelbes Blinklicht umgeschaltet haben. Im Bereich der Kreuzung kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge, wodurch am Pkw der Kl. Sachschaden entstand. Die Kl. trug vor, dass sie zunächst mit ihrem Pkw vor der Kreuzung angehalten habe, da die Ampel für sie „rot“ gezeigt habe. Die Ampel sei dann auf „grün“ umgesprungen, sodass sie mit ihrem Pkw in die Kreuzung eingefahren sei. Ein gelbes Blinklicht, welches nach dem Umschalten der Ampelanlage gegen 22:00 Uhr zu erwarten gewesen wäre, habe es beim Einfahren der Kl. in die Kreuzung nicht gegeben. Die Zeugin K. sei gleichzeitig in die Kreuzung eingefahren, weil aus ihrer Richtung die Ampel bereits ausgeschaltet gewesen sei

Die Kl. verlangte von dem bekl. Land Erstattung der ihr entstandenen Kosten, in concreto € 300,00 Selbstbehalt ihrer Kaskoversicherung, € 120,67 vorgerichtl. Anwaltskosten und € 150,00 Selbstbehalt ihrer Rechtsschutzvers.. Die Rechtsschutzvers. habe sie in Anspruch genommen, um sich in einem gegen sie eingeleiteten Bußgeldverfahren zu verteidigen. Außerdem begehrte die Kl. die Feststellung, dass das bekl. Land verpflichtet sei, ihr den Schaden zu ersetzen, der durch die Höherstufung in der Kaskoversicherung entstanden ist und noch entstehen wird. 

Die geltend gemachten Kosten hat die Kl. größtenteils zugesprochen bekommen, da der für die Straßenverkehrsbehörden verantw. Rechtsträger dem Geschädigten auf Schadensersatz haftet, und zwar nach den Grundsätzen des sog. enteignungsgleichen Eingriffs. Hierunter versteht man eine Beeinträchtigung des Eigentums durch eine rechtswidrige hoheitliche Maßnahme, die zu einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des Eigentums des Betroffenen führt.

Bei einem enteignungsgleichen Eingriff schuldet der Staat allerdings entgegen den Erwartungen vieler keinen vollen Schadensersatz i. S. d. § 249 BGB, sondern nur eine „angemessene Entschädigung“. Dazu gehören u.a. der Selbstbehalt in der Kaskoversicherung, der Rückstufungsschaden in der Kaskoversicherung und vorgerichtl. Anwaltskosten. Hingegen sind mittelbare Folgekosten, wie die Anwaltsgebühren für die Verteidigung in einem Bußgeldverfahren, nicht erstattungsfähig. 

Achtung: Die Signalstörung muss der Geschädigte beweisen. Es empfiehlt sich daher bei Unfällen, bei welchen beide Parteien behaupten, ihre Fahrtrichtung sei durch Grünlicht freigegeben gewesen, stets einen Rechtsanwalt zu konsultieren, welcher mit Hilfe von Akteneinsicht (Ampelschaltplänen, polizeiliche Unfallakte etc.) und ggf. Einholung von Sachverständigengutachten eine Einzelfallprüfung vornimmt. Bloße Zeugenaussagen sind oftmals nicht ausreichend, insbesondere dann wenn es sich um sog. „Knallzeugen“ handelt, welche erst durch das Geräusch des Unfalls auf diesen aufmerksam geworden sind.

Simone Weyen

 

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